Zucker und Ameisen in Barcelona – Espaisucre

Auszeit vom Gin Tonic. In Barcelona regiert die Wacholderschorle. Gin & Tonic an jeder Ecke und in jeder Hand. Zuweilen unterirdisch gemischt. Eine Auszeit ist nötig. Her mit Wein und Schokolade.

Was macht man nach dem Essen? Man geht essen! Allzu oft findet man auf der Welt wohl nicht ein Restaurant, das ausschliesslich auf Dessert ausgerichtet ist. Die Ameise im Logo des Restaurants Espaisucre verweist auf jenes Insekt, welches zielsicher den Pfad zum Zucker findet. Ameisengleich fand ich mich im lässigen Stadtviertel Born in jenem Restaurant wieder, welches den süssen Gaumen stimulieren mag.

Das große Dessert Menü ist fällig. Fünf Gänge kosten 45.- Euro. Die Weinbegleitung dazu ist mit fairen 16.- sehr attraktiv bepreist. Skeptisch kam ich in das Lokal und hätte nie erwartet, dass fünf Gänge Nachtisch mich derart begeistern könnten. Aber so war´s. Ein heller, schlicht-moderner Raum mit Naturholz, Designlampen und Metallregalen empfängt den Besucher. Wie überall in dieser Stadt muss man selber zusehen, wo man seine Garderobe unterbringt. Es war der erste Abend. Unakklimatisiert stand ich erwartungsfroh mit dem Mantel in der Hand herum, bevor mir eine Kopfbewegung des freundlichen Kellners den Weg zu einem Kleiderbügel bedeutete. Aufwachen Eichi, es ist die Stadt mit viel Gin Tonic, aber wenig Kleiderhaken und null Klamottenservice!

Wenn ich nun also vortrage, das Restaurant hat keinen Haken, so mag das zweifach verstanden werden. Das Essen war jedenfalls ein Erlebnis. Abwechslungsreich, originell und köstlich. Dazu ausgewählte Weine, mal süß, mal trocken.

Ich vermag nur Stichpunkte und die passenden Bilder vorzutragen. Für den Rest muss die Fantasie des Gaumens herhalten. Den Auftakt machte eine Kombination von Apfel-Sorbet, Calvados, Sellerie und Essig. Säure, Kälte und das Gelee stimulieren den Gaumen mit verblüffenden Texturen. Großartig, wie der Essig funktioniert.

Es folgt ein Olivenkuchen mit Zweierlei vom Pfirsich auf Olivenkaramell. Dazu eine Oliven- und eine Schimmelkäsecreme. Wieder machen Temperaturen und Konsistenzen jeden Happen zu einem Erlebnis für die Zunge.

Danach kommt ein Sobao Süßbrot mit Basilikum, Limette und Salz. Säure vermählt sich mit der Kräuternote im Basilikum und dem „crunch“ des Teiges.

Es wird zunehmend abgedrehter. Mit jedem Gang fordert die Küche den Gast ein wenig mehr. Blickt man hinter die Wand mit der improvisierten Garderobe, sieht man die Köche arbeiten und grinsen. Zu den Kräutern gesellen sich nun Gewürze. Rosmarin Eissplitter auf einer Haut von Bananenaroma (die wie eine Scheibe Lasagne aufliegt). Eine Minzcreme und Sesamnoten begleit die darunterliegende Teigstange mit chinesischer 5-Gewürze-Mischung.

Mit dem vorläufigen Abschluss kommt nun Schokolade daher. Allerdings nicht einfach so, sondern eingebettet in Aromen von Tabak und Eiche und einem Hauch von Crème Catalan.

Nicht vergessen sollte ich den vortrefflichen Cava vorneweg und die Weinbegleitung, die aus spanischen Essenzen, wie einem süßen Moscato, oaber auch Eiswein aus Deutschland, Tokayer aus Ungarn oder einem herrlichen gereiften Portwein bestand.

Zu guter Letzt folgte zum Café eine Metallaufbau mit acht weiteren Kostbarkeiten der Patisserie. Grandios. Wenngleich der Aufbruch samt Heimweg eine anstrengende  Zumutung bedeuten. Jetzt wäre ein Gin Tonic durchaus hilfreich.

Und wo bleibt die Ameise? Hier ist sie. Als Masskottchen im restaurant allgegenwärtig.

Calle Princesa 53

www.espaisucre.com

7 Kommentare zu “Zucker und Ameisen in Barcelona – Espaisucre

  1. bibi sagt:

    Schön – leider so weit weg! mann o mann -ich muss zurück nach barcelona! Ich denke da wäre ich jetzt sowieso lieber – aber wenn man nicht die wahl hat…
    Dessert Restauarants -sowas gibt es schon, aber gute Desserts sind eben selten 🙂

    Ich muss leider im Moment gerade ein Diät machen – das heisst bis zur nächsten Sünde ists noch eine lange Zeit – hoffentlich …

    Bis dahin heisst es basische Lebensmittel und möglichst wenig zucker!

  2. eichiberlin sagt:

    Man kann in dem Restaurant schon satt werden, zumel es auch etwas gehaltvollere Menüs gibt. Allerdings war ich mir im Vorfeld nicht sicher und so ging es zuvor in eine sehr gute Tapasbar in der Nähe: Cal Pep, auch sehr empfehlenswert.
    http://calpep.com/ingles/ingles.html

  3. kormoranflug sagt:

    Oh, wunderbar. Aber bist Du auch satt geworden? Wahrscheinlich bist Du im Anschluss in eine einfache Fischerbar und hast noch ein paar Tapas hintergeworfen…!

  4. karu02 sagt:

    Gibt es so was wirklich? Es liest sich wie erfundenes Schlaraffenland.

  5. Afra Evenaar sagt:

    Grandios war auch mein erster Gedanke. Und die Ameise: zum Verlieben!

  6. Lakritze sagt:

    Ein Dessertrestaurant! Diese Spezialisierung wünsche ich mir schon lange. Aber doch bitte in der Nähe …! Wunderbarer Bericht.

  7. Uffnik sagt:

    Grandios! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
    Vielen Dank.

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